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Ablenkung von der Krise

Ablenkung von der Krise

Die ersten Olympischen Spiele in Südamerika sind vorbei. Die Ablenkung durch die sportliche Großveranstaltung ist vorüber und Brasilien rückt aus dem Fokus der globalen Berichterstattung. Die wirtschaftliche und soziale Krise ist aber längst nicht überwunden. Welche Auswirkungen haben die Olympischen Spiele in Rio auf den Wohlstand des Landes und seiner Bevölkerung?

Luftaufnahme vom Maracana-Stadion und der Peripherie in Rio
Bild: Stadien und Sportstätten wurden auch für Olympia neu gebaut oder modernisiert. Kritiker sind der Meinung, das Geld würde an anderen Stellen dringender benötigt. Bildquelle: marchello74 – 383086111 / Shutterstock.com


Als Brasilien im Jahr 2009 den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele bekam, stand die Wirtschaft des Landes auf soliden Beinen. Zwar sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009 um 0,13 %, in den Jahren zuvor und danach konnte jedoch ein großes Wachstum verzeichnet werden:

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 * 2016 *
+6,07 % +5,09 % -0,13 % +7,53 % +3,91 % +1,92 % +3,02 % +0,1 % -3,85 % -3,8 %
  • : Schätzung                                                                                Quelle: IMF – Brasilien / statista.com

Missstände in Politik und Wirtschaft

Nun befindet sich das größte Land Südamerikas allerdings in einer Rezession. Gleichzeitig wachsen die sozialen Missstände. Die Armen werden ärmer und die Reichen immer reicher. Das liegt zwar nicht unmittelbar an der Austragung von sportlichen Großereignissen wie Olympia und der Fußball-WM, allerdings konnte Brasiliens Bevölkerung auch nicht flächendeckend davon profitieren.

Die großen Rohstoffvorkommen erwirtschaften auch nicht mehr die gleichen Erträge wie vor einigen Jahren. Vor allem der gesunkene Ölpreis hat für enorme Einbußen bei den Einnahmen geführt. Gleichzeitig hat die einheimische Währung, der Real, gegenüber dem Dollar eine deutliche Abwertung erfahren. Nicht nur die Wirtschaft Brasiliens steckt in einer Krise, die politische Führung des Landes ebenfalls.

Denn Brasiliens Politiker sind in einen ausgedehnten Korruptionsskandal verwickelt, der die politische Führung seit Jahren erschüttert. Zahlreiche Politiker von der Regierung, aber auch der Opposition, sind Teil dieser Affäre. Zum größten Teil stehen die Vorwürfe mit dem staatlich kontrollierten Öl-Multi Petrobas in Verbindung. Und es handelt sich um Politiker an der Spitze.

Ende August wurde Präsidentin Dilma Rousseff durch ein Amtsenthebungsverfahren von ihrem Posten enthoben. Der vor zwei Jahren wiedergewählten Präsidentin werden Finanztricks zur Verschleierung des Staatsdefizites vorgeworfen. Aber auch der neue „Übergangs“-Präsident Michel Temer geriet nun unter Verdacht, in den Korruptionsskandal rund um Petrobas verwickelt zu sein. Brasiliens Oberstes Gericht hat mittlerweile Vorermittlungen gegen den neuen Staatspräsidenten genehmigt. Ob er bis zu den nächsten Wahlen im Jahr 2018 im Amt bleiben wird, ist daher fraglich.

Nun trifft es auch Rousseffs Vorgänger, Luiz Inacio Lula da Silva. Wegen angeblicher Korruption und Geldwäsche, ebenfalls in Verbindung mit Petrobas, soll Lula vor Gericht. Er war von 2001 bis 2011 Präsident der größten Volkswirtschaft Südamerikas und hatte 2009 hart für die Olympia-Austragung gekämpft. Bei der Bekanntgabe, dass Olympia nach Rio kommt, vergoss er sogar Freudentränen.

Großereignisse als (teure) Ablenkung

In Zeiten einer schrumpfenden Wirtschaft und einer zermürbenden politischen Lage waren die Olympischen Spiele nur eine Ablenkung von den vorherrschenden Problemen. Im Zuge der Vorbereitungen auf Olympia 2016 und auch während der Wettkämpfe kam es zu großen Protesten, die während der sportlichen Berichterstattung allerdings wieder ins Hintertreffen gerieten. Dass die Bevölkerung nicht unbedingt hinter der Austragung stand, bekam man auch in den Stadien zu Gesicht – viele Plätze blieben leer. Ein Grund hierfür waren auch die hohen Ticketpreise.

Infografik zu Olympia 2016

 

Die Menschen protestierten aber vor allem gegen die Ausrichtung, da trotz der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten Milliarden für die Infrastruktur der Olympischen Spiele ausgegeben wurden. Das Großereignis soll knapp 11 Mrd. Euro gekostet haben, wovon laut Andrew Zimbalist, Professor des Wirtschaftskollegs in Massachusetts, etwa 75 – 80 % aus öffentlichen Geldern finanziert wurden. Die sportbezogenen Kosten lagen bei etwa 4,6 Mrd. Euro. Zum Vergleich: die Spiele von London 2012 haben etwa 13,5 Mrd. Euro gekostet. Die extravaganten Winterspiele von Sotschi in Russland 2014 waren indes die teuersten aller Zeiten und schlugen mit 45,6 Mrd. Euro zu Buche.

Auch wenn Rio 2016 vergleichsweise günstig realisiert werden konnte, für das krisengeschüttelte Brasilien war das Event schwer zu stemmen. Wegen der angespannten Haushaltslage musste der Bundesstaat Rio den Notstand erklären. Nur so konnten die Behörden die nötige Bonität und die Austragung von Olympia 2016 sicherstellen. Kurz vor dem Start befürchtete man noch einen Zusammenbruch der öffentlichen Sicherheit. Die Veranstaltung blieb aber weitestgehend von derartigen Delikten verschont.

Verbesserte Infrastruktur erreicht nicht alle Teile der Bevölkerung

Probleme gibt es allerdings immer noch bei der Bildung, im Gesundheitswesen und dem Umweltmanagement. Zumindest in puncto Mobilität konnten durch den Ausbau der Infrastruktur Fortschritte erzielt werden. Vor den Olympischen Spielen hatten in Rio etwa 17 % der Bevölkerung direkten Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Mittlerweile sind es schätzungsweise drei Viertel.

  • Problem Infrastruktur: Für die Infrastrukturmaßnahmen wurden knapp 6 Mrd. Euro ausgegeben. Allerdings bringen diese Investitionen nicht zwingend einen nachhaltigen Effekt mit sich. Im Zuge der Planung von Olympia wurden mehrere Schnellbuslinien und eine neue U-Bahn gebaut. Allerdings führen die meisten Wege zu den neuen Sportstätten und führen zu mehr Segregation.

 

Denn bei der Umstrukturierung des Verkehrs wurden Buslinien, die von den ärmeren Regionen Rios ins Zentrum führten, eingestellt. Dabei wäre eine direktere Verbindung zwischen den armen Regionen der Stadt und der wachsenden Mittelschicht wichtiger, um den Zugang zu Arbeitsplätzen zu erleichtern.

 

  • Problem Energieversorgung: Auch bei der Versorgung mit Strom und Wasser hat die zweitgrößte Stadt Brasiliens mit Problemen zu kämpfen. Die Veranstaltung von sportlichen Großereignissen ist hier zwar nicht verantwortlich, verschärft die Problematik aber durchaus.

 

  • Problem Umweltschutz: Der Umweltschutz zieht ebenfalls den Kürzeren, wenn es um prestigeträchtige Events geht: Das Golfplatzgebiet im Stadtteil Barra wurde inmitten eines Naturschutzgebietes errichtet – mit unabsehbaren Folgen für die Umwelt.

 

Gelder fehlen nun auch bei der Klärung der Abwässer. An der Guanabara-Bucht, wo ebenfalls Wettkämpfe stattfanden, produzieren Industrieanlagen 18.000 Liter Abwasser pro Sekunde. Ausreichende Kläranlagen sind nicht vorhanden, so dass Rios Behörden davon abraten, hier schwimmen zu gehen. Experten gehen von 3,8 Mrd. Dollar geschätzten Kosten für ein ausreichendes Abwassersystem für das gesamte Stadtgebiet aus.

Die für Olympia ausgegeben Mittel wären also in anderen Bereichen besser investiert, zumindest was Nachhaltigkeit und Entwicklung angeht. Wer die Nutznießer sind, lässt sich noch nicht klar feststellen. Allerdings haben die größten Baufirmen des Landes, auch bekannt als „Die Fünf Brüder“, enge Verbindungen zur Politik und zählen zu den größten Finanziers von Wahlkämpfen der Politiker. Gleichzeitig stagnieren oder sinken die Ausgaben für Bildung, Gesundheit und Umweltschutz. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

 

Bildquelle: marchello74 – 383086111 / Shutterstock.com

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