Fashion-Labels: hohe Konkurrenz in Deutschland
Schaut man sich die Start-up-Szene in Deutschland an, so sind es vordergründig IT-Unternehmen oder E-Commerce-Gründer, die ihr Glück mit einem eigenständigen Geschäft versuchen. Weniger als vier Prozent der deutschen Start-ups verstehen sich als Fashion-Marke. Dabei ist gerade in der Modeindustrie viel Geld zu machen. Doch die Konkurrenz ist groß – und Pleiten bleiben nicht aus.
Es gibt nur wenige TV-Sendungen in Deutschland, die so erfolgreich waren und sind wie „Germany’s Next Topmodel“.
Wer als junge Frau etwas auf sich hält, die richtige Optik und Maße mitbringt, Wiedererkennungswert besitzt und nicht kamerascheu ist, hat in der Show von Deutschlands bekanntesten Topmodel, Heidi Klum, beste Chancen, schon bald in Berlin, Mailand und New York auf dem Catwalk zu stehen.
Über vier Millionen deutsche TV-Zuschauer saßen in den letzten Jahren vor dem Fernseher und fieberten mit den jungen Models mit, auch wenn es manchmal hieß: „Heute habe ich leider kein Foto für dich.“
Und was dort für die einzelnen jungen Talente gilt, kann derzeit zumindest auch auf die deutsche Modebranche übertragen werden. Diese nämlich kämpft um ihr Überleben.
Zwar geben laut einer Befragung aus dem Jahr 2016 über zwei Millionen Deutsche an, dass sie „gleich mitmachen“, wenn eine neue Mode(-Marke) erscheint, trotzdem entpuppt sich für Jungunternehmer und Start-ups gerade die Design- und Modebranche als äußerst schwieriges Feld.
Dies zeigt beispielsweise auch ein Blick auf die Insolvenzen der letzten Jahre. Zählt man die Bekleidungs- und Textilindustrie zusammen, kommt man auf über 40 eröffnete Insolvenzverfahren allein im letzten Jahr. Doch dies betrifft nur gestandene Unternehmen. Noch schwieriger wird es für junge Designer und Start-ups, in der Modebranche Fuß zu fassen.
Das Problem: Online-Händler
2008 sah die Welt für Sarah Knappig noch rosig aus. Mit ihrer Teilnahme bei Germany’s Next Topmodel katapultierte sich die junge Blondine in die mediale deutsche Öffentlichkeit und startete nach ihrem achten Platz in der Model-Show 2010 sogar mit einem eigenen Mode-Label durch – das war zumindest der Plan.
Nach einem kurzen Intermezzo auf der Berliner Fashion Week 2010 war es das dann aber auch schon. Von „Vision Wonderland“ war seitdem nicht mehr viel zu hören. Sie schaffte den endgültigen Durchbruch mit ihrer neuen Modemarke nicht.
Die Gründe dafür wurden nie publik gemacht, dass der Niedergang des jungen Start-ups aber wahrscheinlich mit der nicht schwachen Konkurrenz der Branche zu tun hatte, dürfte naheliegen.
Sarah Knappig ist aber längst nicht alleine. Auch andere deutsche Marken und Labels kämpfen ums nackte Überleben. Auf der anderen Seite registriert das statistische Bundesamt Jahr für Jahr aber auch neue Unternehmen, die sich erneut anschicken, die – deutsche – Modebranche zu revolutionieren. Nur einige wenige von ihnen schaffen es am Ende tatsächlich, sich durchzusetzen – und das trotz der Konkurrenz aus dem Netz.
Die jüngsten deutschen Mode- und Fashion-Start-ups
- Laremia: Wer schon immer die schicksten Kleider tragen wollte, dafür aber kein Geld besitzt, der hat die Möglichkeit, hübsche und elegante Dresses von High-Class-Designern einfach zu mieten. Das Start-up Laremia bietet diesen Service an.
- Horando: Luxusuhren sind in vielen Geschäften der Fußgängerzone nicht zu finden. Der Online-Händler für Luxusuhren mit dem Namen Horando bietet Armbanduhren aller Luxusmarken von Breitling bis Rolex an.
- Kindhochdrei: Wer eigene Kinder im jungen Alter besitzt, weiß, wie schwierig ein Einkaufsbummel sein kann. Doch auch kleine Kinder benötigen Kleidung. Mit Kindhochdrei erhalten Eltern nun einen Shopping-Berater an die Hand, der nach einem persönlichen Telefonat mit gestressten Eltern alleine auf Shopping-Tour geht und passende Bekleidung für die Kleinsten heraussucht.
Knapp 12 Milliarden Euro gaben die Deutschen 2016 nur im Internet für Bekleidung aus, ein großer Teil davon übrigens über verschiedene Wege finanziert, wie die Smava Erfahrung im Forum zeigt. Da hat es der stationäre Fachhandel schwer. Zwar wurden noch immer 32 Milliarden Euro im letzten Jahr umgesetzt, und damit deutlich mehr als im Internet, doch die E-Commerce-Branche holt Jahr für Jahr mit großen Schritten auf.
Viele junge Fashion- bzw. Mode-Start-ups versuchen daher von vornherein, sich nicht nur mit Boutiquen in den Fußgängerzonen, sondern auch im Internet zu positionieren.
Nur wenige setzen sich durch: Outfittery hat es – fast – geschafft
Eines der Unternehmen, das es entgegen des aktuellen Trends geschafft hat, auf dem hartumkämpften Mode- und Fashion-Markt für Furore und ordentliche Umsätze zu sorgen, nennt sich Outfittery. Und wer sich dieses Jungunternehmen etwas näher anschaut, wird sich fragen, warum er nicht selbst auf diese Geschäftsidee gekommen ist.
Bei Outfittery können sich vornehmlich Männer einen persönlichen Style-Berater zulegen. Diesem nennen sie ganz einfach die Stile und Kleidungsstücke, die sie gerne tragen.
Zudem kann noch festgelegt werden, wie viel Geld Mann bereit ist, für seine neuen Outfits auszugeben. Der persönliche Modeberater geht dann auf Einkaufstour. Das Kleidungspaket landet wenige Tage später per Post zu Hause und Mann muss sich nie wieder durch die engen Straßengänge seiner Stadt quälen.
Outfittery wurde 2012 sogar zum Start-up des Jahres gekürt. Das Curated-Shopping-Konzept verbindet den elektronischen Handel mit persönlicher Beratung und kann auf diese Weise exakt die Lücke schließen, die der rein stationäre Handel und E-Commerce-Sektor aufgerissen haben.
Outfittery erhält den Pokal 2012 für das „Start-up des Jahres“:
Hinter Outfittery steckt entgegen aller Erwartung aber ein noch sehr junges Team. Die Gründerinnen Anna Alex und Julia Bösch versuchen die Geschicke ihres jungen Start-ups zu leiten und die Zukunft zu sichern.
Mitte 2017 haben sie bereits mehr als 50 Mio. US-Dollar in ihr Unternehmen gesteckt. Nach eigenen Angaben werden mittlerweile 500.000 Kunden aus acht Ländern von mehr als 300 Mitarbeitern betreut.
Trotzdem hat das Fashion-Unternehmen zu kämpfen. Die neusten Zahlen zeigen, dass Outfittery innerhalb der ersten vier Jahre Schulden in Höhe von 32 Mio. Euro anhäufte. Bis es also schwarze Zahlen zu schreiben gibt, wird es noch einiges dauern.
Nichtsdestotrotz zeigen die beiden Frauen mit ihrem innovativen Vertriebskonzept, dass auch Fashion-Start-ups in Deutschland eine Chance haben, wenn denn die Idee stimmt.
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